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HIV-Leitfaden - HIV-Infektion bei Kindern - Behandlung von HIV1-positiven Kindern - Antiretrovirale Therapie
   
Einleitung
Grundlagen
Diagnostik
Vom Symptom zur Diagnose
Vorgehen bei diagnostizierter HIV-Infektion
Therapie
HIV-assoziierte Krankheitsbilder
HIV-assoziierte Neoplasien
HIV und Koinfektion
Organspezifische Erkrankungen
HIV-Infektion bei Kindern
Betreuung von HIV1-exponierten Neugeborenen
Ausschluss oder Diagnose der HIV1-Infektion
Behandlung von HIV1-positiven Kindern
Verdacht auf HIV1-Infektion
Ermittlung des Infektionsstadiums
Antiretrovirale Therapie
Supportive Therapie
Übersichtsliteratur
Wichtige Adressen
Rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der HIV Infektion
Adresssuche
Klinische Bilder




Der InternetAIDsdienst
von Dr. M. Hartmann und
der Hautklink der Universität Heidelberg




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Antiretrovirale Therapie bei Kindern

Seit 1995 organisierten sich die Behandler HIV1-positiver und HIV1-exponierter Kinder in der BRD und Österreich in der Pädiatrischen Arbeitsgruppe AIDS (PAAD), homepage: http://www.kinder-aids.de/. Die im folgenden aufgeführten Empfehlungen zur antiretroviralen Therapie bei HIV1-infizierten Kindern aus dem Jahre 2019 (Internetadresse: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/048-011.html/) entstammen (wie die früheren von 1998 + 2000 + 2006 + 2011) aus der Arbeit einer Konsensusgruppe der PAAD.

Anmerkungen zur Methodik:

Die Erstellung der Leitlinie folgte der Systematik der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften (AWMF, www.awmf.org) durch eine strukturierte Konsensfindung. Die Umsetzung wurde durch die Deutsche AIDS-Gesellschaft (DAIG) und Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie (DGPI) als federführende Fachgesellschaften unter Beteiligung von Experten aller für die HIV-Infektion im Kindes- und Jugendalter relevanten Fachgesellschaften realisiert. Da es sich um eine S2k-Leitlinie handelt, fand keine systematische Literaturrecherche oder Evidenzbewertung statt. Berücksichtigt wurden die aktuelle Literatur, aktuelle Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der Paediatric European Network for the Treatment of AIDS (PENTA), des Centers for Disease Control (CDC) und die Deutsch-Österreichische Leitlinie zur antiretroviralen Therapie der HIV-1-Infektion der DAIG/ÖAG.

Die Empfehlungsstärken sind wie folgt festgelegt:

·        "soll", "sollen"           -         hohe Empfehlungsstufe

·         "sollte", "sollten"      -          mittlere Empfehlungsstufe

·        "kann", "können"       -          niedrige Empfehlungsstufe 


1) Allgemeine Prinzipien der antiretroviralen Therapie

Voraussetzung für eine ART ist die gesicherte Diagnose einer HIV-Infektion (siehe Kapitel Diagnose der HIV-Infektion).
Ziel der antiretroviralen Therapie (ART) ist die Hemmung der HIV-Replikation, der Erhalt bzw. die Rekonstitution der Immunität, die Senkung der Morbidität und Mortalität und eine möglichst normale körperliche und neurokognitive Entwicklung HIV-infizierter Kinder und Jugendlicher. Bei sexuell aktiven Jugendlichen verringert die Suppression der HIV-RNA
das Risiko einer horizontalen Transmission. Obwohl die Pathogenese der HIV-Infektion sowie die Wirkmechanismen der antiretroviralen Medikamente bei Erwachsenen und Kindern prinzipiell gleich sind, können aufgrund der erheblichen Unterschiede der Pharmakokinetik und des Nebenwirkungsprofils Studien an Erwachsenen nicht ohne Weiteres auf das Säuglings- und Kindesalter übertragen werden.

Effektive Kombinationstherapien bestehend aus mindestens drei antiretroviral wirksamen Medikamenten aus mindestens zwei verschiedenen Klassen mit einer dauerhaften Suppression der Plasmavirämie unter die Nachweisgrenze hochempfindlicher Assays sind in der Lage, die Resistenzentwicklung und ein konsekutives Therapieversagen nachhaltig zu verhindern. Nach derzeitigem Kenntnisstand erfolgt eine Therapie der HIV-Infektion lebenslang.

Voraussetzung für den Therapieerfolg ist dabei die regelmäßige Einnahme der Medikation. Für die initiale Therapie stehen Nukleosid-/Nukleotidanaloga (NRTI bzw. NtRTI), mit Ritonavir oder Cobicistat geboosterte Protease-Inhibitoren (PI), nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NNRTI) und Integrase-Inhibitoren (INI) zur Verfügung. Empfohlene Kombinationen für die Initialtherapie bestehen aus zwei Nukleosid-bzw. Nukleotidanaloga (2 NRTIs oder 1 NRTI + 1 NtRTI) und entweder einem NNRTI oder geboosterten PI oder INI (Tabelle 4.2).

Die Auswahl der Medikamentenkombinationen ist abhängig von der individuellen Situation, vom Lebensalter und dem HIV-Resistenzbefund. Zu berücksichtigen sind mögliche Koinfektionen, sowie das Nebenwirkungsprofil der antiretroviralen Medikamente. Da auch bei der vertikalen HIV-Infektionsübertragung (Mutter-Kind-HIV-Transmission) die Möglichkeit der Transmission resistenter HI-Viren besteht, wird vor einem Therapiebeginn eine genotypische Resistenztestung empfohlen (siehe Kapitel Diagnostik).

 

2) Indikation zur antiretroviralen Therapie/ART

 Der Beginn einer ART ist in der Regel kein Notfall. Die Betreuungspersonen/ Eltern und Patienten sind altersgerecht und detailliert über die Therapie aufzuklären und die Medikamentengaben so gut wie möglich in den Tagesablauf von Kindern/ Jugendlichen und deren Betreuungspersonen zu integrieren. Ziel ist die anhaltende Senkung der HI-Viruslast unter die Nachweisgrenze des Assays (i.d.R. <50 Kopien/ml). Dieses Ziel ist nur durch eine regelmäßige (i.d.R. >95 %) Einnahme der ART dauerhaft gewährleistet. Da eine unregelmäßige Einnahme der ART nicht nur den Behandlungserfolg gefährdet, sondern auch die Resistenzentwicklung fördert, sind wiederholt Gespräche mit den Patienten und betreuenden Personen über die regelmäßige Medikamenteneinnahme zu führen.
Eltern und Kind sind über das Risiko potentieller Wechselwirkungen mit anderen verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten und der ART aufzuklären.

Die Indikation zur antiretroviralen Therapie ist altersabhängig und richtet sich bei den Kindern (ebenso wie bei den Erwachsenen) nach
der Viruslast
den T-Helferzellen
und nach dem klinischen Krankheitsstadium des Patienten.

 

Zur besseren Beurteilung/Vergleichbarkeit ist bei allen Kindern wichtig, dass die Viruslast und T-Helferzellen möglichst immer mit der gleichen Methode im gleichen Labor analysiert werden. Ebenso wie die Viruslast unterliegen die Prozentzahlen der T-Helferzellen großen Schwankungen z.B. nach Infekten und Impfungen. Therapeutische Konsequenzen sollten nie nach einer Untersuchung sondern nach mindestens 2 Untersuchungen im Abstand von mindestens einem Monat mit ähnlichen Ergebnissen gezogen werden.

 

Große amerikanische und englische Studien zeigen den Zusammenhang zwischen Höhe der T-Helferzellen bzw. Höhe der Viruslast und Krankheitsprogression zu Stadium AIDS oder Tod. Da sowohl die T-Helferzellen als auch die Viruslast bei HIV1-positiven Kindern nach Geburt sehr hoch sind ist (Viruslast um eine Zehnerpotenz höher als bei Erwachsenen bzw. T-Helferzellen bis 75% bzw. bis 6000/µl) und dann abfallen, muss sie altersabhängig beurteilt werden.

 

Bei erwachsenen HIV-Infizierten empfehlen internationale Leitlinien (http://www.eacsociety.org) eine ART für alle Erwachsenen mit einer HIV-Infektion unabhängig von der CD4-Zellzahl. Grundlage dieser Empfehlung sind die Ergebnisse der bei Erwachsenen durchgeführten START-Studie, die gezeigt hat, dass auch bei einem Therapiebeginn oberhalb des für Erwachsene bisherigen Schwellenwerts der CD4-Zellzahl von 350/µl eine weitere signifikante Reduktion HIV-assoziierter und nicht HIV-assoziierter schwerer Komplikationen und der Letalität ohne Zunahme von Nebenwirkungen möglich ist. Unklar bleibt, inwieweit diese Daten auch auf Kinder und Jugendliche übertragen werden können.
In den aktuellen europäischen PENTA-Leitlinien wird diskutiert, ob nicht in Analogie zu HIV-infizierten Erwachsenen auch alle HIV-infizierten Kinder behandelt werden sollten. Diese Einschätzung wurde in einem "Letter to the Editor" bekräftigt, jedoch ohne entsprechende Studiendaten, die diese Empfehlung unterstützen könnten. Auch die US-amerikanischen Leitlinien (http://aidsinfo.nih.gov/guidelines) sprechen sich für eine Therapie aller HIV-infizierten Kinder aus
Anders als bei Erwachsenen ist die Evidenz für eine solche Empfehlung, d.h. eine Dringlichkeit für einen sofortigen Beginn einer ART, bei asymptomatischen HIV-infizierten Kindern >12 Monaten mit CD4-Zellzahlen oberhalb den altersentsprechenden Normwerten bisher nicht nachgewiesen. Bedenken hinsichtlich der Adhärenz und der langfristigen Medikamenten-Toxizitäten sind bei Kindern relevant, berücksichtigt man, dass eine einmal begonnene Therapie nach derzeitigem Erkenntnisstand lebenslang fortgesetzt wird.

Die Empfehlung der Leitliniengruppe spricht sich daher nicht für eine generelle unverzüglich zu beginnende ART für alle HIV-infizierten Kinder aus. Die Indikation für eine ART bei asymptomatischen Kindern richtet sich nach Altersgruppen und weicht damit in einigen Punkten von internationalen Empfehlungen ab. Empfohlen wird folgendes Vorgehen:zur Methodik: 

Indikation zur antiretroviralen Therapie gemäß PAAD-Empfehlungen von 2019:

Alter

Kriterium 

Empfehlung

Säuglinge

unabhängig von der Klinik und
dem immunlogischen Status

sollen unverzüglich eine ART erhalten

<12 - 36 Monate

unabhängig von der Klinik und
dem immunlogischen Status

sollen eine ART erhalten

37Monate -12 Jahre

asymptomatische Kinder ohne Immundefekt

sollten eine ART erhalten


symptomatische Kinder und/oder
bei Vorliegen eines Immundefekts

sollen eine ART erhalten

 alle Jugendlichen >12 Jahre unabhängig von der Klinik und
dem immunlogischen Status
 sollen wie Erwachsene therapiert werden*

*Details siehe AWMF-Leitlinie "Deutsch-Österreichische Leitlinien zur antiretroviralen Therapie der HIV-1-Infektion 

Alle HIV-infizierten Säuglinge (Geburt bis zum Ende des ersten Lebensjahres) sollen unverzüglich eine ART erhalten:
Belegt wurde der Nutzen eines unverzüglichen Beginns einer ART bei HIV-infizierten Säuglingen nach Diagnosestellung u. a. in der randomisierten, kontrollierten CHER-Studie für afrikanische - und in einer retrospektiven Studie der "European Infant Collaboration Group" für europäische Säuglinge. Die Empfehlung zur Behandlung aller Säuglinge (bis 12 Monate) mag erstaunlich erscheinen, da diese Patientengruppe dann am längsten (eventuell lebenslang) antiretroviraler Therapie und ihren Nebenwirkungen ausgesetzt wird. Die Empfehlung wurde trotzdem ausgesprochen, weil im Säuglingsalter das Risiko an AIDS-definierenden Symptomen, besonders schweren opportunistischen Infektionen wie Pneumoncystis jirovecii Pneumonie, disseminierte CMV-Infektion (20%) oder an einer HIV-Enzephalopathie (10-15%) zu erkranken, sehr hoch (bis zu 35-40%) ist. Außerdem können in dieser Altersgruppe weder anhand der CD4-Zahl noch anhand der Viruslast (mangels Aussagekraft) Voraussagen in Bezug auf die Progression zu AIDS gemacht werden.

Asymptomatische Kleinkinder ohne Immundefekt im Alter von 13 bis 36 Monaten sollen eine ART erhalten: 

Ein unverzüglicher ART-Beginn wird auch für alle asymptomatischen Kleinkinder im zweiten und dritten Lebensjahr empfohlen, da Kinder in diesem Alter eine akute HIV-Infektion deutlich schlechter kontrollieren können als ältere Kinder und anzunehmen ist, dass diese Altersgruppe erheblich von einem unverzüglichen Beginn einer ART profitieren wird, auch wenn dies bisher nicht durch Studien belegt ist. Es zeigt sich aber bei therapierten Kindern z.B. ein Vorteil hinsichtlich der neuro-kognitiven Entwicklung.

Asymptomatische Kinder im Alter von 37 Monaten bis zum Ende des 12. Lebensjahres sollten eine ART erhalten:

Bei älteren asymptomatischen Kindern (37 Monate bis Ende des 12. Lebensjahres) spricht sich die Leitliniengruppe nicht für eine generelle Therapieempfehlung aus, da in dem Alter von einer geringeren Krankheitsprogression auszugehen ist. Die PREDICT-Studie, die Kinder im Alter von >1 Jahr (mittleres Alter 6,4 Jahre) untersucht hat, zeigte ein vergleichbar großes Risiko bezüglich klinischer Progression bei Kindern, die sofort oder verzögert (CD4-basiert) behandelt wurden und konnte somit keinen eindeutigen klinischen Nutzen nachweisen. Andere Beobachtungsstudien zeigten zum Teil eine niedrigere Mortalität, ein besseres Wachstum und eine zeitgerechtere Pubertätsentwicklung bei frühzeitig behandelten Kindern im Vergleich zu Kindern, die verzögert (CD4-basiert) behandelt wurden. Gründe gegen eine generelle ART für ältere asymptomatische Kinder (37 Monate bis Ende 12. Lebensjahr) sind neben dem ausstehenden Beleg für einen Nutzen, Bedenken hinsichtlich möglicher ART-bedingter Toxizitäten und bei ungenügender Adhärenz Risiken der viralen Resistenz-Entwicklung. Da ein Nutzen der ART hinsichtlich neurokognitiver Leistungen, Pubertätsentwicklung, ein positiver Einfluss auf das Wachstum möglich ist, wird empfohlen, bei asymptomatischen Kindern im Alter von 37 Monate bis zum Ende des 12. Lebensjahres die Therapieindikation großzügig zu stellen, wenn die Bereitschaft zur Therapie besteht und eine gute Adhärenz anzunehmen ist. Eine abwartende Haltung ist aber bei klinisch und immunologisch stabilen Kindern zu vertreten, bis diese bereit für eine ART sind.

Alle Jugendlichen >12 Jahre sollen wie Erwachsene behandelt werden.

Bei symptomatischen Kindern und Jugendlichen und/ oder bei Vorliegen eines Immundefekts soll unabhängig vom Alter eine ART begonnen werden.


 

3) Empfohlene Therapieregime für die Initialtherapie:
Generelle Anmerkungen:

Für die Initialtherapie soll eine Kombinationstherapie aus 2 NRTIs + 1 PI/r oder 2 NRTIs + 1 NNRTI oder 2 NRTIs plus 1 INI gewählt werden.
In randomisierten, kontrollierten Studien sind Kombinationstherapien aus drei Wirkstoffen gegenüber einer Kombinationstherapie mit nur 2 NRTIs überlegen.
Für die Initialtherapie HIV-infizierter Kinder liegen nur wenige randomisierte Studien vor, die NNRTI-basierte und PI-basierte Therapieregime vergleichen.
Da die meisten Kinder vertikal, also durch Mutter-Kind-Transmission, mit HIV infiziert werden, besteht für die Kinder die Möglichkeit mit einem resistenten HI-Virus angesteckt worden zu sein. Zu Beginn einer antiretroviralen Therapie ist daher eine genotypische Resistenztestung zu empfehlen, um eine optimal wirksame Therapie für das Kind zu wählen.

Bei Beginn der Therapie werden Eltern (und wenn möglich das Kind) detailliert über die Therapie aufgeklärt, und die Medikamentengaben so gut wie möglich in den Tagesablauf des Kindes und der Eltern eingepasst.
Eltern und Kind werden darüber informiert, vor der Einnahme anderer verschreibungspflichtiger - und nicht-verschreibungspflichtiger Medikamente - aufgrund potentieller Wechselwirkungen mit der antiretroviralen Therapie ihren HIV-Behandler zu konsultieren.
Es besteht für alle NNRTI, PI und INI die Möglichkeit, Serumspiegel zu messen. Zur Vermeidung subtherapeutischer Serumspiegel der antiretroviralen Medikamente und damit der Resistenzentwicklung, sollte ein 'therapeutisches drug monitoring' (TDM) erfolgen. Vor Beginn der ART werden eine Reihe von Untersuchungen empfohlen, die für die Auswahl der optimalen Kombinationstherapie essentiell sind:

· Generell soll vor Beginn einer ART eine genotypische Resistenztestung durchgeführt werden, um eine optimal wirksame Therapie für das Kind zu wählen.

·  Es soll eine Testung auf HLA-B*5701 durchgeführt werden, wenn die geplante Kombinationstherapie Abacavir enthält, da Träger dieses Allels ein hohes Risiko einer Hypersensitivitätsreaktion auf Abacavir haben.

 

Empfehlungen zu Arzneimittelkombinationen in der Initialtherapie von Kindern
Empfehlungen zu Medikamentenkombinationen in Abhängigkeit vom Alter:

 


Alter < 4 Wochen

≥4 Wochen - <1 Jahr

≥1 - <3 Jahre
≥3 - <6 Jahre
≥6 - <12 Jahre
12 Jahre
Bevorzugtes
Regime:

NRTIs/
NtRTIs

ZDV + 3TC

ABCb + 3TC
ABCb+ FTC

ABCb + 3TC
ABCb+ FTC
ABCb + 3TC
ABCb+ FTC
ABCb + 3TC
ABCb+ FTC

ABCb + 3TC
ABCb + FTC
TAFd+ FTC


3. Substanz

NVP
LPV/ra
RAL

NVP
LPV/r
RAL

NVP
LPV/r
RAL

ATV/r
DRV/r
RAL

ATV/r
DRV/r
DTG

ATV/r
DRV/r
DTGe
EVG/COBI

Alternatives
Regime:

NRTIs/
NtRTIs
-

ZDV + 3TC
ZDV + FTC

ZDV + 3TC
ZDV + FTC

ZDV + 3TC
ZDV + FTC
TDF + FTC

ZDV + 3TC
ZDV + FTC
TDF + FTC
TDF + FTC

3. Substanz
- - -

EFV
LPV/r
NVP

EFV
LPV/r
NVP
RAL

EFV
RAL
RPVc

 a ab 42 SSW Gestationsalter bzw. ≥14 Lebenstage (reife Neugeborene);
b wenn HLAB5701-Screening negativ;
c RPV nicht bei einer initialen HIV-RNA >100.000 Kopien/ml;
d TAF + FTC in Kombination zugelassen bei Kindern ≥12 Jahren und ≥35 kg;
e bei Jugendlichen im gebärfähigen Ausschluss einer Schwangerschaft vor Therapiebeginn, unter Therapie Anwendung von zuverlässigen Verhütungsmethoden.
Abkürzungen: Abacavir: ABC; 3TC: Lamivudin; ATV/r: Atazanavir/Ritonavir; DRV/r: COBI: Cobicistat; Darunavir/Ritonavir; DTG: Dolutegravir; EFV: Efavirenz;
EVG: Elvitegravir; FTC: Emtricitabin; LPV/r: Lopinavir/Ritonavir; NRTI: Nukleosidischer Reverse-Transkriptase-Inhibitor; NVP: Nevirapin; RAL: Raltegravir;
RPV: Rilpivirin; TAF: Tenofovir alafenamid; TDF: Tenofovir disoproxil fumarat; ZDV: Zidovudin.

 

Empfohlene Therapieregime für die Initialtherapie

Für die Initialtherapie soll eine Kombinationstherapie aus 2 NRTIs + 1 PI/r oder 2 NRTIs + 1 NNRTI oder 2 NRTIs plus 1 INI gewählt werden. In randomisierten, kontrollierten Studien sind Kombinationstherapien aus drei Wirkstoffen gegenüber einer Kombinationstherapie mit nur 2 NRTIs überlegen

 

 

 

 

Durchführung der initialen HAART:
Empfehlungen zu Medikamentenkombinationen in Abhängigkeit vom Alter:


Antiretrovirale Medikamente zur Therapie der HIV Infektion im Kindesalter:

Medikamente

Dosierung pro Tag
(Plasmaspiegel)

Hauptnebenwirkungen

Einnahme und Kommentar

Nukleosidische Reverse Transkriptase Inhibitoren (NRTI)

Azidothymidin (AZT) oder Zidovudin (ZDV):

Suspension:
10mg/ml,
Kapseln:
100 + 250mg,
Tabletten:
300mg,
i.v.Ampullen:
10mg/ml

Lösung:
4 -9kg: 2x12mg/kg
>9 -30kg: 2x 9mg/kg

Kapseln:
8 -14kg: 2x 100mg
>14 -21kg:100mg-0-200mg
>21 -30kg: 2x 200mg
>30kg: 2x 250-300mg

*Max.: 2x 300mg

Hämatotoxizität (Neutropenie und Anämie), Kopfschmerzen

selten:
Myopathie,
Myositis,
Hepatotoxizität,
Lactatazidose

Unabhängig vom Essen
große Erfahrung in der Pädiatrie insbesondere bei Frühgeborenen und Neonaten,
liquorgängig,
i.v.-Präparation vorhanden

Dosis fürFrühgeborene und zur Prophylaxe der Mutter-Kind-Transmission beachten!

Stavudin (D4T):

Suspension: 1mg/ml

Kapseln: 15mg, 20mg, 30mg + 40mg

Alter 1- 13 Tage:
2x 0,5mg/kg
14 Tage bis 30kgKG:
2x 1mg/kg KG
30-60kg KG: 2x 30mg
³ 60kg KG: 2x 40mg

Kopfschmerzen, GI-Probleme, Hautausschlag, Lipoatrophie
selten: periphere Neuropathie, Pankreatitis, Leberenzymanstieg, Lactatazidose

Unabhängig vom Essen,
liquorgängig

Zulassung nur noch für Gabe bei mangelden Alternativen!!

Didanosin (DDI):

Suspension: 10mg/ml

Magensaftresistente Hartkapseln:
125mg, 200mg,
250mg + 400mg

Alter 2 Wo - 8 Monate:
2x 50mg/ m² KO
8 Mon. - 60kg KG:
2x 100-120mg/m² KO
Max.: 2x 125mg
oder 1x 250mg
ab 60kg KG:
1x 400mg oder
2x 200mg

Diarrhoe, Bauchschmerz, Übelkeit, Erbrechen

selten: periphere Neuropathie, Hyperurikämie, retinale Depigmentation, Pankreatitis, Elektrolytstörungen

Nüchtern: 30min vor oder 2h nach Essen,
Suspension maximal 30 Tage im Kühlschrank haltbar,
einmal tägliche Dosierung möglich;
TDF führt zu erhöhtem DDI-Spiegel,
schlechte Wirksamkeit von DDI+3TC+TDF

Lamivudin (3TC):

Suspension: 10mg/ml

Tabletten:
150mg (mit Bruchrille)+ 300mg

Alter <30Tage:
2x 2mg/kg KG
>30Tage:
2x 4mg/kg KG,
(in Studien: 1x 8mg/kg)
Max.: 2x 150mg
Gewichtsbereiche:
14-21kg:
2x ½ Tbl
21-30kg: ½ - 0 - 1Tbl
ab 30kg:
2x 150mg oder
1x 300mg

Kopfschmerz, Diarrhoe, Bauchschmerz, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit

selten: Neutropenie, periphere Neuropathie, Pankreatitis

Unabhängig vom Essen,
schlechte Wirksamkeit von DDI+3TC+TDF,
nur 1 Mutation bis zur kompletten Resistenz,
Wirksamkeit gegen HepatitisB-Virus
nicht kombinierbar mit FTC

Abacavir (ABC):

Suspension:
20mg/ml

Tabletten: 300mg.

Kinder 1-3 Monate:
Studie mit 2x 8mg/kg KG
Kinder >3 Monate:
2x 8mg/kg KG
(in Studien: 1x 16mg/kgKG)

Max.:
2x 300mg oder
1x600mg

Diarrhoe, Bauchschmerz, Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Anorexie Hautausschlag, Kopfschmerz,
Ca. 5% der Patienten in klinischen Studien, vor allem HLA-B*5701-Positive, entwickelten eine potentiell fatale Überempfindlichkeitsreaktion, die gewöhnlich innerhalb der ersten 6 Wochen nach Beginn der Behandlung auftritt.

Unabhängig vom Essen,
schlechte Wirksamkeit von ABC+3TC+TDF

Bestimmung von HLA-B*5701 vor Therapiebeginn, da bei Vorliegen des Merkmals hohes Risiko der Hypersensitivitätsreaktion!!

Tenofovir (TDF):
Tbl. a:  245mg
              204mg
              163mg
              123mg
(als Fumarat)

Granulat: 33mg/g

Für Kinder < 2J.:
nicht zugelassen!!

Kinder  ³10kg:
6,5mg/kg Granulat
(Anzahl Meßlöffel Granulat siehe auch Produktinformation)
Kinder 17 - < 22kg:
1x 123mg/d
Kinder 22 - <28kg:
1x 163mg/d
Kinder 28 - < 35kg:
1x 204mg/d
Kinder ³35kg:
1x 245mg/d

Erwachsene ³18J:

1x 245mg

Häufig gastrointesinale Beschwerden (Diarrhoe, Übelkeit, Erbrechen, Flatulenz), Hypophosphatämie

Zum Essen,
Einnahme: 1x täglich
Überwachung Nierenfunktion:
Zu Beginn:
Krea-Clearance + Serumphosphat
Im ersten Jahr unter TDF:
monatlich: 
Krea-Clearance + Serumphosphat
Ab zweitem Jahr unter TDF:
3monatlich:
Krea-Clearance + Serumphosphat
Cave: Bei Kombination von TDF und DDI können DDI-Serum-spiegel ansteigen + CD4-Zellen abfallen!!,
vermindert ATV-Spiegel,
nicht in Kombination mit D4T+ABC+3TC
Wirksamkeit gegen HepatitisB-Virus

Emtricitabin (FTC):

Suspension: 10mg/ml

Kapseln: 200mg

3 Monate - 18 Jahre:
1x 6mg/kg (Saft)
Max.: 1x 240mg
Patienten ab 33kg:
1x 200mg (Kps.)

Kopfschmerzen, Diarrhoe, Übelkeit, Hautausschlag, Hyperpigmentationen, HepatitisB-Exacerbation nach Absetzen möglich!!

Unabhängig vom Essen,
wenig Erfahrung in der Pädiatrie,
nur 1 Mutation bis zur kompletten Resistenz,
Wirksamkeit gegen HepatitisB-Virus
nicht mit 3TC kombinierbar

NRTI-Kombinationspräparate:

Combivir® (AZT+3TC)
Tbl. mit Bruchrille:
300mg AZT +
150mg 3TC
Kinder:
14-21kg: 2x ½Tbl.
21-30kg: ½ -0- 1Tbl.
ab 30kg: 2 x1 Tbl.
Siehe Einzelpräparate
Kivexa® (3TC + ABC)
300mg 3TC +
600mg ABC

Für Kinder <12Jahre bzw.  <40kg nicht zugelassen!!
Jugendliche
>12 Jahre und! >40kg:
1x 1Tbl.

Erwachsenendosis:
1x 1Tbl.

Siehe Einzelpräparate
Trizivir®
(ZDV+3TC + ABC)
300mg ZDV +
150mg 3TC +
300mg ABC
Zulassung ab 18 Jahre!!
Erwachsenendosis
:
2x 1Tbl.
Siehe Einzelpräparate
Truvada® (FTC +TDF)
200mg FTC+ 245mgTDF
TDF für Kinder <18J.: nicht zugelassen!!!
Erwachsenendosis
:
1x 1Tbl.
Siehe Einzelpräparate

Nicht-nukleosidische Reverse Transkriptase Inhibitoren (NNRTI)

Efavirenz (EFV):

Lösung:
30mg/ml

Kapseln:

50mg, 100mg + 200mg

Tabletten:
600mg

Kinder <3Jahre:
Dosis unbekannt!!
Kapseln/Tablette:
1 x täglich nach KG:
13 - <15kg:
1x 200mg
15 - <20kg: 1x 250mg
20 - <25 kg: 1x 300mg
25 - <32,5kg: 1x 350mg
32,5 - <40kg: 1x 400mg
³ 40 kg: 1x 600mg
Max.: 1x 600-800mg
Supension: Dosierungstabelle nach Alter + Körpergewicht

ZNS: Somnolenz, Albträume, Verwirrung, Amnesie, Konzentrationsschwäche, Veränderungen der Persönlichkeit, Agitation, Halluzinationen, Euphorie
Hautausschlag

Teratogen bei Primaten

Einnahme auf leeren Magen,
Einnahme: einmal täglich, am besten vor dem Einschlafen

sehr lange HWZ,
erniedrigt Spiegel von PI,
nur 1 Mutation bis zur kompletten Resistenz

nicht empfohlen bei Frauen im gebärfähigen Alter

Nevirapin (NVP):

Suspension: 10mg/ml

Tabletten: 200mg


Nevirapin Retard
(NVP-XR):
Tabletten:
50mg, 100mg, 400mg

 

Alter >14d - 8Jahre:
Nevirapin (NVP):
2 Wo: 1x 4mg/kg NVP
dann 2x 7mg/kg NVP

Nevirapin Ret.(NVP-XR):
12,5-17,8kg: 1x 200mg
17,9-24,9kg: 1x 300mg
>25kg: 1x 400mg

Alter >8 Jahre:
Nevirapin (NVP):
2 Wo: 1x 4mg/kg NVP
dann 2x 4mg/kg NVP
Max.: 2x 200mg NVP

Nevirapin Ret.(NVP XR):
17,9 -31,2kg: 1x 200mg
31,3 -43,7kg: 1x 300mg
>43,8kg: 1x 400mg

Hautausschlag (v.a. in ersten 6 Wochen der Therapie), auch Steven-Johnson-Syndrom möglich, Fieber, Erbrechen, Kopfschmerz

selten: Stevens-Johnson Syndrom, Leberenzymerhöhung, Hepatitis

Unabhängig vom Essen.

erniedrigt Spiegel von PI,
nur 1 Mutation bis zur kompletten Resistenz,

Edurant®
Rilpivirin (TMC278):
Tabletten:
25mg

Für Kinder <18 Jahre nicht zugelassen !!Erwachsenendosis:
1x 1 Tbl.

Übelkeit, abnorme Träume, Schlafstörungen, Cholesterin- und Triglyceriderhöhung, Hautausschlag

muss mit einer Mahlzeit eingenommen werden

Etravirin (ETR)

Tabletten: 100mg
Für Kinder <18 Jahre nicht zugelassen!!
Phase II-Studie mit
2x 5,2mg/kg
Übelkeit, Hautausschlag (v.a. in 2. Therapiewoche, selten auch Steven-Johnson-Syndrom möglich) Nach Mahlzeit (und nicht auf leeren Magen einnehmen)
Tabletten auch in Wasser aufgelöst trinkbar
NRTI-NNRTI-Kombinationspräparate
Atripla®
(FTC+TDF+EFV):
200mg FTC
300mg TDF
600mg EFV

Für Kinder <18 Jahre nicht zugelassen !!Erwachsenendosis:
1x 1 Tbl.

Siehe Einzelpräparate Einnahme auf leeren Magen,
Einnahme: einmal täglich, am besten vor dem Einschlafen
Eviplera®:
200mg FTC
300mg TDF
25mg TMC278

Für Kinder <18 Jahre nicht zugelassen !!Erwachsenendosis:
1x 1 Tbl.

Siehe Einzelpräparate Muss mit einer Mahlzeit eingenommen werden

Proteaseinhibitoren

Nelfinavir (NFV):

Pulver: 50mg/g

Tabletten: 250mg

Für Kinder <3Jahre nicht zugelassen
Alter < 1Jahr(Studie):
2x 75mg/kg KG
3-13 Jahre:
2x 50-55mg/kg KG
>13 Jahre:
2x 1250mg
Max.: 2x 1250mg
siehe auch Dosierungstabellen für Pulver und Tabletten

typisch: Durchfall

selten: Bauchschmerzen, Hautausschlag, gestörter Lipid- und Kohlenhydratstoffwechsel, CK-Erhöhung

große Erfahrung in der Pädiatrie,
mit leichtem Essen einnehmen, Nicht in Apfelsaft oder Zitrussäften geben!!!

Pulver wird geschmacklich nicht toleriert!! Es kann aber adäquate Menge der Tablette in Wasser gelöst verabreicht werden

Ritonavir (RTV):

Suspension: 80mg/ml

Kapseln: 100mg

Für Kinder <2Jahre nicht zugelassen!!

Einsatz nur noch als Boostermedikament (erhöht Spiegel anderer PI)

Dosis je nach PI

Als Booster-Medikament kaum Nebenwirkungen
Sonst: Anorexie, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerz, Diarrhoe, periorale Parästhesie, Geschmackstörungen
Selten: Blutungen bei Hämophilie, Pankreatitis, gestörter Lipid- und Kohlenhydratstoffwechsel

mit dem Essen: erhöht Absorption, vermindert GI-Nebenwirkungen
,
Wegen fürchterlichem Geschmack Erdnussbutter oder Schokoladenmilch vor Einnahme!

Saquinavir (SQV)

Tabletten: 500mg
(nur in Kombination mit Ritonavir/RTV):

Für Kinder <16Jahren nicht zugelassen!!
Kinder < 1 Jahr:
Dosis unbekannt
Kinder > 1 Jahr:
2x 50mg/kgKG SQV+
2x 75mg/m2KO RTV
Erwachsenendosis:
2x 1000mg SQV +
2x 100mg RTV

Diarrhoe, Bauchschmerz, Kopfschmerz, Parästhesien, Hautausschlag, Erbrechen, Dyslipidämie
selten: Blutungen bei Hämophilien, gestörter Lipid- und Kohlenhydratstoffwechsel, Photosensitivität

Keine Formulierung für Kinder !!
Mit - oder bis zu 2h nach Mahlzeit, Verbesserte Resorption mit Mahlzeit oder Grapefruitsaft

Lopinavir/Ritonavir (LPV/RTV)=Kaletra®

Suspension:
80mg/ml LPV +
20mg/ml RTV

Tabletten:
-
200mg LPV +
50mg RTV
- 100mg LPV +
25mg RTV

Für Kinder <2Jahre nicht zugelassen
Lösung:
Kinder < 6 Monate:
2x 300mg/m2 KOF LPV
(Spiegelkontrollen !!)
Kinder > 6 Monate:
2x 230-300mg/m2KOF LPV
Tabletten:
>0,5- <0,9m2KOF:
2x 200mg LPV
>0,9- <1,4m2KOF:
2x 300mg LPV
>1,4m2KOF:
2x 400mg LPV

Hautausschlag, Durchfall, Kopfschmerz, Übelkeit, Erbrechen,
Häufig: Dyslipidämie

selten: Blutungen bei Hämophilien, gestörter Lipid- und Kohlenhydratstoffwechsel, Leberenzymerhöhung

Saft: mit dem Essen,
Fett erhöht Absorption,
mit 42% Alkohol,
übler Geschmack,
Tabletten: Unabhängig vom Essen

CAVE: In Kombination mit EFV/NVP höhere Dosierung (ca. 30%) notwendig
(s. Packunsbeilage)

Atazanavir (ATV):

Kapseln:
100mg, 150mg
200mg + 300mg

Für Kinder <6Jahre nicht zugelassen!!
15- <20kg:
1x 150mg ATV + 80mg RTV
20- <40kg:
1x 200mg ATV + 100mg RTV
> 40kg:
1x 300mg ATV + 100mg RTV
(=Erwachsenendosis)

Erhöhung indirektes Bilirubin,
Ikterus, Kopfschmerz, Fieber, Arthralgien, Depression, Schlaflosigkeit, Schwindel, Diarrhoe, Übelkeit, Erbrechen, Parästhesien

Bessere Absorption mit Essen

Fosamprenavir (FPV)

Tabletten:
700mg

Suspension: 50mg/ml

Für Kinder <6 Jahre und <25kg nicht zugelassen!!
25- 32kg:
2x 18mg/kg FPV +
2x 3mg/kg RTV
33- 38kg:
2x 18mg/kg FPV +
2x 100mg RTV
> 39kg:
2x 700mg FPV+
2x 100mg RTV
= Erwachsenendosis

Diarrhoe, Übelkeit, Erbrechen, periorale Parästhesien, Kopfschmerz, Hautausschlag bis Stevens-Johnson Syndrom (1%), Lipidabnormalitäten

Unabhängig vom Essen

Tiprananvir (TPV)

Saft:
100mg/ml

Kapseln: 250mg

Für Kinder <2 Jahre nicht zugelassen!!
2x 375mg/m² KO TPV+
2x 150mg/m² KO RTV
oder
2x 14mg/kg TPV +
2x 6mg/kg RTV
Erwachsenendosis:
2x 500mg TPV+
2x 200mg RTV
Diarrhoe, Übelkeit, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Hautausschlag, Erbrechen, erhöhte Transaminasen + Cholesterin + Triglyzeride

Unabhängig vom Essen;

enthält 116U/ml Vitamin E

Darunavir (DRV)

Tabletten:
75mg, 150mg,
300mg, 400mg +
600mg

Suspension:
100mg/ml

Für Kinder <3 Jahre oder <15kg nicht zugelassen!! 
>15 - <30kg:
2x 375mg DRV +
2x 50mg RTV

>30 - <40 kg:
2x 450mg DRV +
2x 60mg RTV

>40 kg:
2x 600mg DRV +
2x 100mg RTV

Diarrhoe, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Müdigkeit Einnahme mit Mahlzeit

Entry- und Fusionsinhibitoren

Enfuvirtide (T-20):
108mg lyophilisiertes Pulver + 1,1ml steriles Wasser = 90mg/ml

Kinder < 6 Jahre:
nicht zugelassen!!
Kinder > 6 Jahre:
2x 2mg/kg s.c.
Max.: 2x 90mg s.c.
Erwachsenendosis:
2x 90mg s.c.

Lokale Reaktionen an Injektionsstellen (98%) mit Schmerz, Induration, Erythem, Juckreiz,
Sehr selten: Hypersensitivitätsreaktion!!

Schulung für korrektes steriles Auflösen und korrekte s.c.-Injektion nötig,
Gelöstes Lyophilisat 24h im Kühlschrank haltbar

Maraviroc (MVC)

Tabletten:
150mg + 300mg

Keine Zulassung für Kinder <16 Jahre!!

Ab 16 Jahre:

Mit CYP3A4-Inhibitor:

2x 150mg

Ohne CYP3A4-Inhibitor:
2x 300mg

Mit CYP3A4-Inducer:
2x 600mg
Husten, Fieber, Infektionen oberer Respirationstrakt, Hautausschlag, Bauchschmerzen, muskuloskelettale Symptome, Müdigkeit

Nur bei CCR5- Tropismus, nicht bei CXCR4-Tropismus.

Unabhängig vom Essen

Zur Zeit pädiatrische Studien

Integraseinhibitoren

Raltegravir (RAL)

Tabletten: 400mg

Keine Zulassung für Kinder <16 Jahre!!

Ab 16 Jahre:

2x 400mg

Zur Zeit Dosisfindungsstudien für Kinder !!

Übelkeit, Kopfschmerz, Müdigkeit, Diarrhoe, Juckreiz Unabhängig vom Essen

Zur Zeit pädiatrische Studien

KO= Körperoberfläche, KG= Körpergewicht, *Max.= Höchstdosierung
Alle aufgeführten Medikamente können zu Kopfschmerzen, Müdigkeit, gastrointestinalen Beschwerden, Durchfall, Übelkeit und Hautausschlag führen.

Aus verschiedenen Überlegungen heraus (kompetitive Hemmung bei Phosphorylierung zu Nukleotiden, Kreuzresistenzen, Kumulation von Nebenwirkungen etc.) sind bestimmte Kombinationen von NRTI kontraindiziert: AZT + D4T und DDC + DDI

Besteht keine Erfahrung in der Behandlung von HIV1-infizierten Kindern, sollte Kontakt mit einem spezialisierten Zentrum aufgenommen werden (Adressen siehe im Anhang). Dort können auch Wechselwirkungen sowohl der antiretroviralen Substanzen untereinander als auch mit eventuell nötigen anderen Therapeutika z.B. bei opportunistischen Infektionen mit mehr Erfahrung beurteilt werden.
Viele Medikamente sind in Kombination mit antiretroviralen Substanzen wegen Nebenwirkungen oder dem Absenken von Wirkspiegeln kontraindiziert. Wirkspiegel unter der minimalen Wirkkonzentration führen durch Resistenzbildung zu einem schnellen Therapieversagen der antiretroviralen Medikamente.
Wann immer möglich sollte die antiretrovirale Behandlung eines Kindes im Rahmen einer kontrollierten klinischen Studie (PENTA, PAAD) durchgeführt werden! Sollte bei einzelnen Patienten kein passendes Studienprotokoll verfügbar sein, ist in Zusammenarbeit mit der PAAD (Homepage: http://www.kinder-aids.de/) die Anwendung von für Kinder nicht zugelassenen Medikamenten im Rahmen von "Heilversuchen" möglich (Regelungen des Arzneimittelrechtes beachten).
Eine standardisierte Kontrolle des Therapieerfolges und evtl. Nebenwirkungen, am besten im Rahmen des Therapieregisters des Kompetenznetzwerkes HIV/AIDS, ist anzustreben.

Ansprechpartner für das Kindermodul des Kompetenznetzwerkes HIV/AIDS:
Dr. med. Christoph Königs
Zentrum für Kinderheilkunde
Immundefektambulanz
Universitätsklinik Frankfurt
Theodor Stern Kai 7
60590 Frankfurt am Main
Tel.: 069-6301-6432
Fax: 069-6301-4464
E-mail: ckoenigs@zki.uni-frankfurt.de

Monitoring der antiretroviralen Therapie:

Untersuchung: Grund:
Anamnese: Seit letzter Vorstellung erlittene Krankheiten/Symptome a) Erfolg der antiretroviralen Therapie
b) aufgetretene Nebenwirkungen
Gründliche körperliche Untersuchung a) Exantheme, Oberbauchschmerz etc. als Therapienebenwirkungen
b) Beurteilung Lipodystrophie
Gewicht + Länge Dosisanpassung an Gewicht und Körperoberfläche,
Erfolg der antiretroviralen Therapie
HI-Viruslast/Quantitative HIV1-PCR Erfolg der antiretroviralen Therapie
Lymphozytensubpopulationen
Plasmaspiegelbestimmungen der Medikamente Dosisanpassung nach Tal-/ Peakspiegel,
Adhärenz
Blutbild, Differentialblutbild Anämie, Neutropenie, Thrombopenie als Nebenwirkungen
CRP, Serumelektrolyte, Blutzucker, Serumeieiweiß, Kreatinin, Harnstoff, Harnsäure, Mg, Phosphat, AP, µGT, Transaminasen, Amylase, Lipase, CHE, CK, CK-MB, Laktat, Cholesterin, Triglyceride, fT4, TSH, Gerinnungsstatus Erfassung von Nebenwirkungen der antiretroviralen Therapie
Impfantikörper Impf(miß)erfolg, evtl. Boosterung, Ig-Gabe
Urinstatus Hämaturie, Proteinurie wegen HIV-Nephropathie oder Ausschluß von Therapienebenwirkungen z.B. Crixivan® etc.
EKG + Echokardiographie HIV-Kardiomyopathie
Augenärztliche Untersuchung HIV-Retinopathie, CMV-Retinitis

Die zu erfassenden Daten (CD4-Zahl, HIV-Viruslast, klinische Untersuchung und Labor) werden mindestens 2x vor - sowie (2-,) 4-, 8- und 12 Wochen nach Therapiebeginn, bei unauffälligem Verlauf in der Folge kann bei Kindern >2 Jahren in mindestens 3-monatlichen Abständen bestimmt (medikamenten- bzw. kombinationsspezifische Nebenwirkungen beachten!). Bei Kindern im ersten Lebensjahr sind wegen der auf starken Gewichtszunahme beruhenden regelmäßigen Dosisanpassungen monatliche- im 2.Lebensjahr Untersuchungen alle 2 Monate empfohlen.
Wie bei den Erwachsenen ist das Therapieziel die Senkung der Viruslast unter die Nachweisgrenze und die Aufrechterhaltung dieses Zustands. Der Erfolg der antiretroviralen Therapie muss daher im Verlauf beurteilt werden.

Primäre Beurteilung von Therapieeffektivität und Therapieversagen

1) Effektivität der antiretroviralen Therapie und Therapieumstellung:
Patienten, die eine ART erhalten, müssen sorgfältig hinsichtlich Adhärenz, virologischem, immunologischem und klinischem Ansprechen überwacht werden. Nach Beginn einer ART sollte das Therapieansprechen und Nebenwirkungen zunächst nach 4-, 12 Wochen und dann alle 3 Monate kontrolliert werden (CD4, Viruslast, TDM).
Die ART sollte spätestens
nach 12 Wochen zu einer Reduktion der VL um 1 log und
nach 4-6 Monaten zu einer nicht mehr nachweisbaren Viruslast führen.
Dies ist aber nur bei ca. 50-70% der Patienten der Fall. Schlechte Adhärenz, inadäquate Plasmaspiegel oder zu geringe Potenz der eingesetzten Medikamente tragen zum Versagen der Therapie bei.
Hierbei können Bestimmungen der Medikamentspiegel hilfreich sein. Die ART ist zu ändern, wenn entweder ein virologisches, immunologisches oder klinisches Versagen der Therapie oder toxische Nebenwirkungen auftreten (AIII) (www.aidsinfo.nih.gov/Guidelines/).

2) Kriterien des Therapieversagens und für die Umstellung der antiretroviralen Therapie:
Die ART muss geändert werden, wenn entweder ein virologisches, immunologisches oder klinisches Versagen der Therapie oder toxische Nebenwirkungen auftreten (AIII):
1a. Virologisches Therapieversagen: Werden die obigen Zielvorgaben;
-nach 12 Wochen eine Reduktion der VL um 1 log und
-nach 4-6 Monaten eine nicht mehr nachweisbare Viruslast
nicht erreicht, spricht man von einem virologischen Versagen. Weitere Kriterien sind
- wiederholter Nachweis von HIV-RNA bei Patienten, deren Viruslast nicht nachweisbar war,
-bzw. ein Wiederanstieg der VL.
Der Viruslastanstieg als Kriterium für eine Umstellung der Therapie wird in der derzeit laufenden 'Penpact-1 Studie' untersucht.
1b. Immunologisches Therapieversagen:
-
signifikanter Abfall der absoluten CD4-Zellzahl um >30%/ in 6 Monaten,
- bzw. Reduktion um mehr als 5 %-Punkte der relativen CD4-Zellzahl/ in 6 Monaten.
1c. Klinisches Therapieversagen: Klinische Kriterien für ein Therapieversagen:
-Beginnende Enzephalopathie (progressive neurologische Verschlechterung),
-Gedeihstörung, Wachstumsstillstand,
-Progression in der CDC- oder WHO-Klassifikation.
2. Toxizität: Bei Auftreten spezifischer toxischer Nebenwirkungen muss das verursachende Medikament identifiziert und ausgetauscht werden. Hierbei ist auf Interaktionen mit den verbliebenen Medikamenten zu achten. Bei Toxizität auf NRTI (z.B. Laktatazidose) kommen auch NRTI-freie Kombinationen (2 geboostete PI oder NNRTI plus PI) in Betracht (CIII).

Die Wichtigkeit der Adhärenz muss klar gemacht werden. Vor Therapie-Umstellung sollte in diesem Fall eine genotypische Resistenztestung und die Bestimmung der Medikamentenspiegel durchgeführt werden.

Gründe für ein Scheitern der Therapie:
1) Primäre Resistenzen
2) Sekundäre Resistenzbildung wegen zu niedriger Wirkstoffkonzentrationen der antiretroviralen Therapeutika:
durch unregelmäßige Einnahme/schlechte Compliance (am häufigsten!!!)
durch mangelnde Resorption z. B. durch Diarrhoen/Wasting
durch Interaktionen mit anderen Medikamenten
3) Abbruch der Therapie wegen starker Nebenwirkungen

Spätestens die Beurteilung des Therapieversagens und die Therapieumstellung/Zweittherapie sollte in einem für HIV1-infizierte Kinder erfahrenen Zentrum erfolgen. Neben der Auswahl der nun einzusetzenden Medikamente muss gegebenenfalls eine genotypische und/oder phänotypische Resistenztestung interpretiert werden. Studien bei Erwachsenen zeigen, dass bei Therapieversagen ein erfahrener HIV-Behandler ohne Resistenztestung mit der Zweittherapie erfolgreicher ist als ein unerfahrener Behandler mit Resistenztestung. Auch aufgrund größerer Erfahrungen mit neu zugelassenen Medikamenten ist die Überweisung an ein HIV-erfahrenes Zentrum indiziert.

Genau wie bei den erwachsenen HIV1-Positiven ist auch bei Kindern die Eradikation des HIV1 in weite Ferne gerückt. Die antiretrovirale Therapie muss daher als lebenslang notwendige Therapie einer chronischen Erkrankung angesehen werden. Diese muss bei Kindern besonders behutsam durchgeführt werden, um nicht in kurzer Zeit viele Therapieoptionen zu verlieren. Auch sollte bedacht werden, dass Kinder bei erfolgreicher Therapie mit langer Überlebenszeit den Nebenwirkungen der Therapeutika viel länger ausgesetzt sind als Erwachsene.