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von Dr. M. Hartmann und
der Hautklink der Universität Heidelberg

HIV-Leitfaden - HIV-assoziierte Neoplasien - Epidemiologie

Epidemiologie HIV-assoziierter Malignome

Franz Mosthaf, Manfred Hensel

Einleitung:

Mit Einführung der hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) 1996 kam es zu einem dramatischen Rückgang der AIDS-definierenden Malignome insbesondere des Kaposi-Sarkoms und der primären ZNS-Lymphome. Eine Ausnahme stellen die aggressiven B-Zell-Lymphome dar.

Inzidenz und Verlauf der AIDS-definierenden Tumoren sind gut beschrieben. Inzwischen liegen auch viele aktuellere Daten über die nicht AIDS-definierenden Malignome vor (Melbye et al. 1994; Lyter et al 1995; Goedert et al. 1998; Herida et al. 2003; Bonett et al 2004, Hoffmann et al. 2013, Brugnaro 2015, Sigel et al. 2016, Zucchetto et al. 2016).

Detaillierte Gesichtspunkte:

Im Jahre 2002 wurde von der Kerngruppe HIV und Onkologie der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter (DAGNAE) in Kooperation mit dem Berufsverband der niedergelassenen Hämatologen und Onkologen in Deutschland (BNHO) ein Projekt initiiert zur Schaffung einer Datenbank HIV-assoziierter Malignome. Ziel des Forschungsprojektes war Daten zur Epidemiologie, Diagnose und Therapie von AIDS und nicht AIDS-definierenden Malignomen bei HIV-positiven Patienten in Deutschland zu erheben. Die Ergebnisse sollten einen epidemiologischen Überblick geben und als Basis für weitere Forschungsprojekte und evtl. Therapierichtlinien dienen.

"Im Zeitraum zwischen 2000 und 2007 wurden alle auf die Behandlung von HIV-Patienten spezialisierten Arztpraxen (n=189) und Klinikambulanzen (n=35) in Deutschland angeschrieben. Sie wurden in mehreren Beobachtungsperioden mittels eines strukturierten Fragebogens zur Inzidenz von Malignomen bei HIV-Patienten befragt.

Ergebnisse:
Die Rücklaufquote der Fragebögen betrug 49.5 %. Im Beobachtungszeitraum wurden Daten zu 542 Patienten mit 552 evaluierbaren Datensätzen mit inzidenten Malignomen gemeldet. 253 (45.8%) der gemeldeten Malignome waren AD. Unter den 299 Fällen (54.2%) von NAD Malignomen waren 214 solide Tumoren einschließlich 71 Analkarzinome (entsprechend 23.7% aller NAD Malignome) und 85 Hämoblastosen einschließlich 29 Hodgkin-Lymphome (entsprechend 9.6% aller NAD Malignome). Der hohe Anteil der NAD Malignome war konstant über alle Beobachtungsperioden. Interessanterweise wurde nach 2001 nur noch ein Fall (von insgesamt acht Fällen) eines primär zerebralen Lymphoms registriert. Die Anzahl der Patienten mit Hodgkin-Lymphom stieg von 2000-2007 konstant an.

Diskussion:
Das Spektrum der HIV-assoziierten Malignome hat sich gegenüber der Frühzeit der HIV-Epidemie gewandelt. In Deutschland haben die NAD Malignome die Häufigkeit der AD Malignome überstiegen. Insbesondere Analkarzinome und Hodgkin-Lymphome treten bei HIV-Infizierten deutlich häufiger auf als in der Normalbevölkerung. Für HIV-Infizierte ist eine gewissenhafte Krebsvorsorge entsprechend der allgemeinen Empfehlungen sinnvoll."

Die detaillierten Zahlen sind in den beiden aufgeführten Grafiken dargestellt:




Fazit und Empfehlung zur Krebsvorsorge bei HIV-positiven Patienten:
Neben der Weiterentwicklung der antiretroviralen Therapie und der Entwicklung von kurativen Therapiestrategien spielt wegen der weiter zunehmenden Lebenserwartung der HIV-Infizierten in Zukunft die Vermeidung und Behandlung von HIV-assoziierten Begleiterkrankungen, insbesondere Krebs, eine immer größere Rolle. Das Tumorscreening sowie die Krebsprävention sollte gewissenhaft durchgeführt werden. Besonderes Augenmerk sollte hierbei auf das Analkarzinom gelegt werden. Die EACS-Guidelines vom Oktober 2017, Version 9.0, geben hier konkrete und aktualisierte Empfehlungen (siehe Seite 40 dort).

Details hierzu siehe in: Hensel M, Goetzenich A, Lutz T, Stoehr A, Moll A, Rockstroh J, Hanhoff N, Jäger H, Mosthaf F. HIV and Cancer in Germany. Dtsch Arztebl Int. 2011 Feb;108(8):117-22.

http://www.eacsociety.org/files/guidelines_9.0-german.pdf